Wenn Helfen zur Last wird:
- brigittepuhr
- 28. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Der Wunsch zu helfen – woher kommt er?
Zählst du auch zu den Menschen, die gerne helfen, die sich mit Freude einbringen, die „Ja“ sagen, wenn andere Unterstützung brauchen – sei es im Arbeitsalltag, im Familienleben oder im Freundeskreis? Wenn ja, dann gehörst du zu einer Gruppe von Menschen, die durch ihre Hilfsbereitschaft einen unschätzbaren Beitrag zum Miteinander leisten.
Dieser Wunsch, für andere da zu sein, ist nicht nur gesellschaftlich wertvoll – er ist tief in unserer Biologie verankert. Wie der Psychologe Marshall Rosenberg betont, ist das Bedürfnis beizutragen ein Kernbedürfnis. Es erfüllt nicht nur die Bedürfnisse der anderen, sondern auch unsere eigenen. Wenn wir helfen, erleben wir Freude, Zugehörigkeit, Sinn – und unser Motivationssystem belohnt uns mit einem kleinen Cocktail aus Wohlfühl-Botenstoffen. Biologisch messbar! Kein Wunder also, dass wir es lieben, zu helfen.
Wenn die Freude kippt: Das unsichtbare Risiko der Selbstaufgabe
So schön und wertvoll diese Hilfsbereitschaft auch ist – sie hat eine Schattenseite. Vielleicht kennst du das auch: Irgendwann wird es zu viel. Du hast wieder einmal „Ja“ gesagt, obwohl du innerlich ein „Nein“ gespürt hast. Du übernimmst Aufgaben, weil „sonst niemand da ist“. Du bist so gefangen im Automatismus des Helfens, dass du deine eigenen Grenzen nicht mehr wahrnimmst.
Genau hier beginnt ein stilles Risiko: Die Motivation verschiebt sich. War es anfangs Freude am Geben, wird es irgendwann ein Zwang – getrieben von Angst. Die Angst, nicht mehr wertvoll zu sein, wenn du nicht hilfst. Die Angst, andere zu enttäuschen. Und damit öffnet sich die Tür zu einem gefährlichen inneren Mechanismus.

Der innere Antreiber: „Ich muss es allen recht machen“
Viele von uns tragen tief verankerte Glaubenssätze in sich, die in stressigen Momenten ans Steuer greifen. Einer davon: Ich muss es allen recht machen. Für hilfsbereite Menschen ist das ein besonders wirksamer Antreiber. Die Sorge, abgelehnt zu werden oder nicht mehr gemocht zu werden, wenn man Nein sagt, sitzt oft tiefer, als uns bewusst ist.
So wird aus dem Wunsch zu helfen eine Angststrategie: Wenn ich nicht helfe, bin ich nichts wert. Plötzlich handeln wir nicht mehr aus Freude, sondern aus Furcht vor Ablehnung oder Bedeutungslosigkeit. Diese Angst ist tückisch – sie sabotiert die Fähigkeit, gesunde Grenzen zu setzen und uns selbst wahrzunehmen.
Bewusstsein als Schlüssel: Der Weg zurück zur eigenen Mitte
Die gute Nachricht: Es geht nicht darum, diese Angst zu bekämpfen oder sie „wegzumachen“. Es geht darum, sie zu erkennen. Sobald wir in der Lage sind, diese Angst bewusst wahrzunehmen, gewinnen wir Handlungsspielraum zurück. Wir reagieren nicht mehr automatisch – wir agieren.
Ein bewusster Mensch erkennt: Ich bin wertvoll – unabhängig davon, ob ich helfe oder nicht. Dieses innere Bewusstsein stärkt uns in Momenten, in denen ein „Nein“ notwendig ist. Auch wenn es schwerfällt, auch wenn es Übung braucht: Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstfürsorge.
Du bist wertvoll. Punkt.
Vielleicht hast du aktuell Situationen in deinem Leben, in denen du immer wieder über deine Grenzen gehst. Vielleicht fällt es dir schwer, „Nein“ zu sagen, obwohl alles in dir danach ruft. Dann lade ich dich herzlich ein, innezuhalten – und ganz ehrlich hinzuspüren: Was treibt mich gerade wirklich an? Ist es Freude? Oder ist es Angst?
Der wichtigste Gedanke, den du mitnehmen darfst: Du bist wertvoll. Nicht, weil du etwas tust. Sondern weil du bist. Du bist wichtig, allein durch deine Existenz – unabhängig von Leistung, Unterstützung oder Zustimmung von außen.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie tief diese Ängste reichen können. Auch ich befinde mich immer wieder in dem Lernfeld, einfach zu sein – ohne etwas leisten zu müssen, ohne „etwas beizutragen“. Und es ist ein großes Geschenk, zu erkennen: Es reicht. Ich bin genug.

Dein nächster Schritt
Wenn du dich in diesen Zeilen wiedererkennst und den Wunsch verspürst, tiefer in dieses Thema einzutauchen, dann melde dich gerne bei mir. Ich nehme mir Zeit für dich. Gemeinsam können wir herausfinden, wie und wo ich dich auf deinem Weg unterstützen kann.
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